Lauenburgische Heimat
[Alte Folge]

Zeitschrift des Heimatbundes Herzogtum Lauenburg e. V.
1926


[Badinski.]

"Die Farbe im Stadtbild."
Ein Gutachten der Akademie der Künste.

Zur Frage der Farbe im Stadtbild hat jetzt auch die preußische Akademie der Künste auf Wunsch des Oberbürgermeister Böß, Berlin, in einem Gutachten Stellung genommen, nachdem auch in Berlin die Farbe im Straßenbild eine Rolle zu spielen beginnt. Das Gutachten, das wir nachstehend in seinen Auszügen wiedergeben, beschäftigt sich außerdem mit der farbigen Behandlung von Innenräumen in städtischen Gebäuden, namentlich Schulen. Die Ausführungen sind folgende:

"Die Farbe", so führt das Gutachten aus, das Max Liebermann als Präsident gezeichnet hat, "ist zu allen Zeiten ein wesentliches Moment für die Architektur gewesen, und die farbige Behandlung der Gebäude im Inneren wie am Aeußeren ist nicht minder wichtig als die der reinen Bauform, und muß dementsprechend ernst genommen werden. Heute ertönt mehr denn je der "Ruf nach Farbe", zumeist mit der Begründung, man solle loskommen von dem "grauen Einerlei" der öffentlichen Gebäude, z. B. der Schulen. Der Wunsch nach Farbe hat natürlich seine Berechtigung und sollte für Neubauten beachtet und sorgfältig erwogen werden, wobei die Hauptsache ist, daß die Farbe in geschmackvoller Weise und von künstlerisch fein empfindenden Menschen angewendet wird. Besonders schwierig ist die Anwendung von Farbe am Aeußeren der Gebäude, wobei das Wichtigste ist, daß die Gebäude sich in die Umgebung und das Gesamtbild der Straße harmonisch und ruhig einfügen. Bei der an sich schon großen Unruhe in unserem modernen Straßenbild durch die vielen Ausbauten, Balkone, Giebel, Türme, Erker usw. ist dies eine doppelt gefährliche Aufgabe!

Diese Schwierigkeiten steigern sich aber noch wesentlich, wenn der Versuch gemacht werden soll,. fertige Gebäude nachträglich farbig zu behandeln. Denn: die Farbe ist nicht, wie laienhafte Meinung oft annehmen möchte, ein mehr oder minder zufällig oder nach Laune hinzugezogener Bestandteil eines Bauwerkes, sondern ein wesentlicher, von vornherein in seinem Zusammenwirken mit der Gesamtform und den Einzelformen berechneter.

Für die Anwendung der Farbe in und an Gebäuden läßt sich natürlich keine Regel aufstellen, wenn auch z. B. für Schulräume, bei denen gutes Licht eine Hauptbedingung ist, stets helle Farben (am besten Weiß, das leicht durch Farben gebrochen ist) am geeignetsten sein werden. Farbe kann in die Unterrichtsräume durch gute Bilder, mit denen man die Wände schmückt gebracht werden. Aula, Gesangszimmer und ähnliche Räume, die nicht dauernd dem Unterricht dienen, können dagegen entsprechend der architektonischen Teilung und Gliederung farbenfreudiger gestimmt werden.

Bei allen Aufgaben farbiger Behandlung von Architektur darf allein künstlerisches Empfinden nach eingehender Prüfung des einzelnen Falles entscheiden, Deshalb ist es wichtig, daß stets beste Künstler als sachverständige Berater zugezogen werden."

1926/4 - 98