Lauenburgische Heimat
[Alte Folge]

Zeitschrift des Heimatbundes Herzogtum Lauenburg e. V.
1927


Aus der Geschichte des Pressewesens im Herzogtum Lauenburg.

Von DR. RUDOLF BÜLCK, Kiel.


I.

Die Schrödersche Topographie (2. Aufl. II. 434) berichtet, daß Groß-Grönau im 17. Jahrhundert eine Buchdruckerei besessen habe. wie denn auch sonst der Ort in der Zeit der letzten lauenburgischen Herzöge ein beinahe städtisches Ansehen aufwies. Der Name des dortigen Druckers ist zwar nicht überliefert, auch sind anscheinend bisher keine aus der Grönauer Werkstatt hervorgegangenen Bücher bekannt geworden. Für das Bestehen der Druckerei liefert jedoch ein Schriftstück des Kieler Staatsarchivs (ACTA D I 1. Nr. 1632) einen Beweis. Es ist ein Bittgesuch des Buchdruckers Tobias Schmidt an den Herzog Julius Franz von Lauenburg aus dem Jahre 1673. Die vom Herzog Franz Erdmann

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in Groß-Grönau gestiftete Druckerei war nach dem unvermuteten Tode dieses Fürsten, der dort gern residierte, sehr zurückgegangen, der Besitzer traute sich nicht, sie mit seinen Mitteln fortzusetzen, schließlich war sie gänzlich eingegangen und stand zum Verkauf. Tob. Schmidt bat nun den Herzog ihm zu gestatten, diese gegenwärtig darniederliegende Druckerei zu kaufen und nach der Residenzstadt Lauenburg zu verlegen, zugleich sollte ihm der Herzog die hierzu nötigen Freiheiten und Privilegien gewähren. da ohne diese kein Bestand zu erhoffen wäre. Nach Schröders Angabe wurde die Druckerei 1673 nach Lauenburg verlegt; demnach ist der Kauf abgeschlossen worden. Den neuen Inhaber Tob. Schmidt treffen wir 1676 als Drucker in Plön, seit 1680 auch in Rendsburg. dann abermals in Plön.


II.
 

Eine harte Fessel für die schriftstellerische Welt wie für das Buchdruckergewerbe bildete in früherer Zeit die leidige Pressezensur. Diese Einrichtung, heute nur in außergewöhnlichen Fällen angewandt, war in den absolutistisch regierten Ländern des 18. Jahrhunderts, ja noch weit ins 19. Jahrhundert hinein eine Selbstverständlichkeit. Einzig in Dänemark wurde sie 1770 auf Struensees Veranlassung aufgehoben, und auch die Herzogtümer Schleswig und Holstein durften sich dieser Freiheit erfreuen. Um so schlimmer stand es dagegen im Herzogtum Lauenburg. Hier galt, von Hannover ausgehend, eine Verordnung, wonach jedes Werk vor der Drucklegung der Regierung in Ratzeburg einzureichen war, erst nach erfolgter Approbation der Behörde durfte mit dem Druck begonnen werden. Eine solche Absicht lag zwar auch den andernorts geltenden Zensurvorschriften zugrunde, doch wurde in der Praxis meistens wesentlich milder verfahren, so in Schleswig-Holstein vor 1770. In Lauenburg aber wurde mit rigoroser Strenge an den Bestimmungen festgehalten. So wurden sie auch dem Buchdrucker Behrenberg in der Stadt Lauenburg unter dem 21. Oktober 1737 *) besonders eingeschärft. Die Behrenbergsche Druckerei wird damals - im Gegensatz zu später - keine große Bedeutung gehabt und wenig herausgebracht haben; bei dem wenigen, was sie brachte, scheint sie aber schließlich sich über die Vorschriften gänzlich hinweggesetzt zu haben; jedenfalls verlangte die Regierung im Jahre 1759 von dem Drucker Rechenschaft darüber, warum er während der letzten Jahre nichts zur Zensur eingeschickt habe. Im besonderen war der Behörde zu Ohren gekommen, daß in der Behrenbergschen Offizin eine Wochenschrift herausgekommen sei. Der Drucker mußte in seinem Bericht zugeben, daß die erwähnte Wochenschrift, die, wie er sagt, in Fabeln bestände, also wohl in der Art der damals so beliebten moralischen Wochenschriften gehalten war, in seiner Druckerei hergestellt worden sei, jedoch ohne sein Wissen; Behrenbergs Sohn, der bei dem Rektor Pfeiffer Privatunterricht hatte, war von seinem Lehrer, dem Herausgeber der Wochenschrift, überredet worden, den Abdruck in der väterlichen Werkstatt herstellen zu lassen. Er selbst, Behrenberg, hatte auch nach seiner Aussage kein Exemplar davon verkauft, vielmehr hatte der Rektor die geringe Auflage an seine Freunde gratis verteilt. So wenig wie in diesem Falle, könne im andern ihn, den Drucker, ein Vorwurf treffen; denn er hätte während der letzten Jahre bei den bekanntermaßen schleehten Zeiten der - siebenjährige Krieg tobte in Deutschland - keine Druckaufträge von auswärtigen Verlegern bekommen. Ob sich die Kgl. Großbritannische Regierung mit diesem Bescheide ihres Druckers zufrieden gegeben hat, geht aus den Akten nicht hervor. Aber 20 Jahre später, 1770, nahm sie es nicht so genau; damals wurde dem Behrenberg auf sein Ansuchen für das Mal gestattet, das Gartenbuch des Superintendenten Lüders ohne vorherige "Produktion des Manuskriptes" zu drucken. Freilich waren wohl von dem Gartenbuch Verstöße gegen die Religion oder gegen den Staat nicht zu befürchten.
 

III.
 

Die Zeit der großen französischen Revolution führen uns zwei einander ergänzende Verordnungen lebendig vor Augen, die 1792 (24. November) bezw.

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*) Staatsarchiv in Kiel. ACTA D I 1 Nr. 1637.


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1793 (19. Dezember) von der Hannoverschen Regierung erlassen wurden. *) Die erste war an die Buchhandlungen und an die Postämter gerichtet und hatte etwa folgenden Inhalt: Es wäre bekannt, daß an auswärtigen Orten Zeitungen, Wochenblätter, Journale und sonst fliegende Blätter und Aufsätze verfaßt und
ausgegeben würden eigens zu dem Zwecke, die Untertanen aufzuwiegeln, die Obrigkeiten zu verunglimpfen und die Umkehrung aller bürgerlichen Ordnung zu empfehlen und auszubreiten; dergleichen Schriften würden überdies unverlangt allenthalben herumgeschickt, um sie abzusetzen und bekannt zu machen. Die Buchhandlungen und Postämter wurden angehalten, solche Schriften nicht zu führen, noch zu ihrer Verbreitung beizutragen. Die Furcht der Regierunqen vor den immer weiter um sich greifenden Wirkungen der Revolution war nicht unbegründet, und besonders England wollte sich beizeiten vorsehen.

Doch damit nicht genug. Auch außerhalb der Post und des Buchhandels konnte das Gift der revolutionären Ideen verbreitet werden, da gab es z. B. noch die Einrichtung der Lesegesellschaften, deren stetig zunehmende Anzahl Verdacht erwecken konnte. Die Regierung sah sich daher veranlaßt eine Verordnung (vom 19. Dezember 1793) herauszubringen, wonach die sogen. Lesebibliotheken und Lesegesellschaften einer genaueren Polizeiaufsicht unterworfen werden sollten. Jede Stadt - die ländlichen Gegenden erschienen wohl von vornherein als "seuchenfrei" - sollte angeben, welche Lesegesellschaft und mit welchen Zeitschriften dort bestände. Mölln hatte es leicht; der dortige Magistrat konnte berichten, daß es keinen derartigen Lesezirkel in der Stadt gäbe. Nur einige wenige Leute hielten sich außer den gewöhnlichen Zeitungen noch das Politische Journal von Schirach, die Berlinische Monatsschrift von Biester, Archenholtz' Britische Annalen, die Jenaische Literaturzeitung. In Lauenburg dagegen bestand eine Lesegesellschaft von neun Mitgliedern, bei denen zehn Zeitschriften umliefen, darunter mehrere der bei Mölln genannten, außerdem Schillers Thalia, Wielands Teutscher Merkur, das Deutsche Magazin von Eggers, der Genius der Zeit von Hennings, Girtauers Politische Annalen. Einen etwas größeren, aber in manchem ähnlichen Bestand weist Ratzeburg auf; hier lagen z.B. noch Schlözers Monats-Anzeigen, Meiners' Magazin, in der Leihbibliothek des Buchbinders Caller auch der Revolutions-Almanach für 1794 aus.

Man sieht. es waren im ganzen recht angesehene Journale, die in den lauenburgischen Städten gelesen wurden; an ausgesprochen revolutionären, zum mindestens stark fortschrittlich gesinnten ist darunter im Grunde nur Hennings' Genius der Zeit zu nennen. Die Hannoversche Regierung wird schwerlich Anlaß gehabt haben, auf Grund der eingegangenen Berichte gegen die Lesegesellschaften einzuschreiten, wie denn auch in den Herzogtümern Schleswig und Holstein die Revolution nicht entfernt den Einfluß gehabt hat wie etwa in den Frankreich so viel näher gelegenen westlichen Gegenden Deutschlands.

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*) Staatsarchiv Kiel, Acta D I 1. Nr. 1641.
 


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