Lauenburgische Heimat
[Alte Folge]

Zeitschrift des Heimatbundes Herzogtum Lauenburg e. V.
1928


[Miszelle]

Aus alter und neuer Zeit


 

August Hermann Franckes Gevatterin. Am 15. März 1663 fand zu Lübeck, da, wo heute das Logenhaus steht, eine für die heutige Zeit seltene Tauffeier statt. Ihre Fürstliche Gnaden, die Herzogin Sybilla Hedwig vom Hause Sachsen-Lauenburg, hielt einen Knaben auf den Armen, der einmal ein Großer im Reiche Gottes werden sollte: AUGUST HERMANN FRANCKE. Die hohe Gevatterin war die Tochter des Herzogs August von Lauenburg, der im Jahre 1624 die Orte Grönau, Tüschenbek und Hornstorf für 21 000 Taler von Friedrich Rantzau zurückerworben und später das Gut Tüschenbek seiner Tochter Sybilla bei deren Vermählung mit dem nachmaligen regierenden Herzog Franz Erdmann, ihrem Vetter, zum Leibgedinge verliehen hatte, wo beide eine nur kurze, aber glückliche Zeit zusammen verlebten.

Wie war die Herzogin in das Franckesche Haus gekommen? Sie war die freundliche Gönnerin des Vaters des Kindes, den sie zu ihrem Rechtsbeistand erwählt hatte, als er noch Syndikus des Domkapitels zu Ratzeburg war (1650-58). Hans Francke, beider Rechte Doktor, jetzt Advocat in Lübeck, hatte sich als juristischer Unterhändler in Sachen des Domkapitels so glänzend bewährt, daß ihn die beiden Fürstlichen Schwestern Sybilla Hedwig und Anna Elisabeth zu ihrem Rat ernannt hatten. So kam es, daß Sybilla die erste Patin August Hermann Franckes wurde und, wie im Taufregister von St. Ågidien vermerkt wird, IN PERSONA mitfeierte. Auf ihr Begehren erhielt das Kind den Namen AUGUST zum Gedächtnis ihres Vaters, des Lauenburgischen Herzogs August, woraus man schließen dürfte, daß das Verhältnis zwischen Vater und Tochter ein sonderlich inniges gewesen ist. So stellen wir fest, was gemeinhin nicht genügend beachtet worden ist, daß der berühmte Hallische Professor nach einem Lauenburger Herzog genannt worden ist. Nach Hellwig (Grundriß der Lauenburgischen Geschichte 1927 S. 16/17) war dieser Landesherr ein weiser, wohlwollender Fürst, der sich während des großen Krieges strengster Neutralität befleißigte, ein Mann des Friedens, der es freilich nicht verhindern konnte, daß Kriegsheere und Seuchen seine Lande verwüsteten.

Die Herzogin Sybilla war eine beliebte Fürstin und Landesmutter. Das ist daraus ersichtlich, daß viele Töchter in Stadt und Land, namentlich in Grönau, nach ihr bei der Taufe, zu der sie als Patin gebeten war, genannt wurden. Hatte sie selbst keine Kinder, so begehrte sie, ihre Liebe den Söhnen und Töchtern des Landes zuzuwenden. So finden wir denn auch Spuren ihrer sozialen Gesinnung in Ratzeburg: z. B. 1666 "Hanß Hacken Sibylla Hedewig war getaufft d. 26. April. Gevattern wahren bei der Tauffe Anna ... Kammermätgen welche vor Ihre Durchl. unser gnädigste Hertzoginnen stand", und 1668 war sie Taufpatin bei einem Sohn des Kammerschreibers Johannes Adolphi.

Eine schwere Heimsuchung bedeutete es für sie, daß ihr Gatte nach kurzer Regierung starb, so daß sie 37 Jahre lang im Witwenstande leben mußte. In Lauenburg 1703, achtundsiebenzig Jahre alt, einsam verstorben, ist sie im Dom zu Ratzeburg im Lauenburgischen Erbbegräbnis beigesetzt. Ihren Sarg ziert nichts als ein schlichtes Kreuz.

Inwieweit die Herzogin sich späterhin um den jungen August Hermann Francke bemüht hat, darüber schweigt leider die Chronik.

FISCHER-HÜBNER.
 

1928/2 -64
 

 

 

 

 

*