Lauenburgische Heimat
[Alte Folge]

Zeitschrift des Heimatbundes Herzogtum Lauenburg e. V.
1930


[Miszelle]

Aus alter und neuer Zeit

 

De Köstenbidder. Früher sah man oft eine lustige Gestalt auf dem Lande einherwandern, es war der Hochzeitsbitter. In jetziger Zeit nimmt der Bauer immer mehr städtische Sitten an; so lädt er jetzt seine Gäste brieflich ein und läßt den alten lustigen Köstenbidder in Vergessenheit geraten. Wie aus dem Bilde auf Seite 155 ersichtlich, schritt der Hochzeitsbitter sehr gravitätisch einher. Er trug einen mit vielen bunten seidenen Bändern und einer Krone geschmückten Stab und ging unter vielem Juchzen von Ort zu Ort, um die Leute zur Hochzeit zu laden. Vor ihnen hielt er mit großer Würde folgende Anrede, wobei er bei allen ihm wichtig erscheinenden Worten mit dem Stab sehr nachdrücklich auf den Fußboden stampfte:

"Hier kam ick anschräden,
Pierd hew ick nich heut, sunst harr ick räden,
Tau Kost tau birren, is mein Begähr,
Dat dau ick dei Brut und den Brügam tau Ehr'.
Hier bün ick kamen, ji Manns und Fruns, Dirns und Gesellen,
Dat ji juch mögt recht flietig instelln.
Schnüret Eure Beutel und schmücket Euren Hut
Und habt einen unverzagten Mut!
Wetzet Euer Schwert,
Sattelt Euer Pferd,
Schmieret Eure Stiefel, die Füße und Schuh,
Reiset fröhlich der Braut und dem Bräutigam zu!

1930/4 - 154


1930/4 - 155

Auch Ihr, Madammen, seid tapfer und stellet Euch ein!
Denn ohn' Euch kann keine Lustbarkeit sein.
Auch Ihr, Männer, bleibt nicht hinter dem Ofen, sondern helft verzehren
Was der Hochzeitsgeber durch Gott wird Gutes bescheren!
En Laß Roggen- und Weitenbrod,
En Glas Bier dürftig und god,
Twintig fette Hamel, twintig fette Swin,
Twintig fette Ossen, de sölen dor sin.
De Gäus sitt in'n Stall mit hunnert Pund Talg, dat is Fröd,
De Hahn siit bi dei Hän ganz hoch up den Wimen, hett Sporn an de Föt,
Dat sall ock an nix fählen, an Kräus und an Kannen, an Toller, an Bricken,
An Musik, an Schaffer und Schenk, dor ward de Köstenvadder sick woll
up schicken.
Dor is noch ein Diek mit Fisch, de is von baben vull bet an de Grund.
Dor wiggt dat Stück woll hunnert Pund,
Sei sünd noch alle unversehrt,
Sei röhrt den Kopp und wackelt mit den Stert.
Eins habe ich noch zu bedenken,
Daß Sie mögen meinen Stab beschenken
Mit einem schönen bunten Band,
Heut' zur Ehr' für meinen Stand.
Halleluja!!"

 




Der Hochzeitsbitter von Sandesneben.
 

1930/4 - 155


1930/4 - 156

Mitunter wurden diesem Spruch noch folgende Verse angefügt, die auch im Sandesnebener Ringreiterspruch wiederkehren:

"Nun kommt und helfet fröhlich verzehren,
Was Gott durch den Köstengeber wird Gutes bescheren!
Ich wünsch' auch dem Herrn noch einen goldenen Tisch,
Auf allen vier Ecken einen gebratenen Fisch;
In der Mitte eine Flasche Wein,
Die soll dem Herrn und der Madame zur Gesundheit sein!"


Nachdem die Eingeladenen dann ein seidenes Band an dem Stab befestigt und einen tiefen Griff ins Portemonnaie getan hatten, verließ der Hochzeitsbitter mit einem schallenden "Juch" das Haus. - Zuweilen jedoch, wenn der Hochzeitsgeber (besonders die größeren Gutsbesitzer) die Sache recht glänzend gestalten wollte, ließ er den Hochzeitsbitter eines seiner Pferde besteigen, und unter großem Jubel ritt dieser dann bei jedem Einzelnen durch die Blangendöhr (die Seitentür, also nicht die "Groddöhr") auf die Vordiele, auch wohl in die Stube hinein, um seine Einladung vorzubringen.
 

A DIECKMANN - Sandesneben.




 


 


 

 

 

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