Lauenburgische Heimat
[Alte Folge]

Zeitschrift des Heimatbundes Herzogtum Lauenburg e. V.
1933


Heimatbücher.

Von DR. F. KOHLS.
 

Die Abfassung einer Bibliographie "Heimatbücher" entbehrt nicht gewisser Schwierigkeiten, weil der Begriff "Heimatbuch" noch zu unbestimmt ist und sich in allgemein gültiger Form schwer fassen läßt. Er ist bisher zu sehr persönlich bestimmt, entweder vom Leser oder vom Verfasser her. Einerseits wird für den Leser jedes Buch, das von seiner Heimat handelt, zum Heimatbuch, andrerseits haben die Verfasser von Heimatbüchern diese Bezeichnung ihren Büchern meist nur dann gegeben, wenn das in ihnen Enthaltene ihre eigene Heimat anging und sie ihren Leserkreis vornehmlich in dem durch das Buch bestimmten Heimatgebiet suchten. In dem landläufigen Begriff "Heimatbuch" ist also ein stark gefühlsmäßiges Moment enthalten, dessen man ihn auch nicht entkleiden sollte, wenn man daran geht, ihn zu klären und bestimmter zu fassen. Das aber ist nötig, zumal sowohl der Arbeitswille heimatkundlich Interessierter zur Abfassung derartiger Bücher, als auch interessierte Bereitwilligkeit zur Aufnahme solcher in der Bevölkerung vorhanden ist, wenn die augenblickliche Notlage es äußerlich auch anders erscheinen lassen mag. Trotz der Schwierigkeiten ist es in den letzten Fahren doch möglich gewesen, neue Heimatbücher erscheinen zu lassen und die Arbert an neuen aufzunehmen.

Es ist ein erstrebenswertes Ziel, die Heimatbücher, die sicherlich ein wesentliches Mittel zur Erhaltung und Förderung der Heimatpflege sein können, in bezug auf ihre innere und äußere Form in eine gewisse Übereinstimmung zu bringen. Der Frage nach dem INHALT soll zunächst eine andere vorangestellt werden, nämlich die Frage nach der AUFGABE des Heimatbuches, die Frage «nach dem Leser, an den es sich wendet. Dabei möchte ich den Begriff "HeimatBUCH" dem andern "HeimatKUNDE" gegenüberstellen und von ihm abtrennen. Ein Heimatbuch soll keine Heimatkunde sein. Diese ist einmal ein SCHULlehrbuch, eben für den heimatkundlichen Unterricht, zum andern die mehr WISSENSCHAFTLICHE Bearbeitung eines engeren Bezirkes. Das HeimatBUCH ist vielleicht eher als ein ERWACHSENENlehrbuch zu bezeichnen, das allerdings in seiner Form die Absicht des Lehrenwollens nicht merken lassen darf, sondern sich besser des unterhaltend erzählenden Tones bedient. Dabei ist es nicht nötig, daß - wie es in einem Heimatbuch gemacht worden ist - der Verfasser mit Hilfe seiner eigenen dichterischen Gestaltungskraft zum Zwecke der Veranschaulichung einer Tatsache oder eines Vorganges phantasievolle heimatkundliche Geschichtchen erzählt, etwas, was in der heimatkundlichen Unterrichtsmethode natürlich seine Berechtigung hat.

Die erschöpfende Ausarbeitung einer Heimatkunde würde derartig umfangreich werden, daß ein Druck und eine Herausgabe in Buchform der Kosten wegen wohl unmöglich, also schon aus diesem Grunde auch die Bezeichnung HeimatKUNDE der Bezeichnung HeimatBUCH vorzuziehen ist.

Es handelt sich bei der Abfassung eines Heimatbuches darum, einen Mittelweg zu finden, auf dem man sowohl dem mit den Problemkreisen der Heimatkunde näher bekannten, wie dem gebildeten, als auch dem einfachen Leser nahekommt. Der Blick des Herausgebers kann nicht auf den sogenannten gebildeten Leserkreis allein gerichtet sein. Das Buch muß so gehalten sein, daß es dem einfachen Leser Interesse abgewinnt dadurch, daß es ihm verständlich ist, z. B. dem ehemaligen Volksschüler, der von einem heimatkundigen und heimatliebenden Lehrer in der rechten Weise mit der Heimat vertraut gemacht worden ist. Daraus ergibt sich wieder, daß die Form der Beiträge nicht die wissenschaftliche zu sein braucht, besser sogar, NICHT ist. Weiler folgt daraus, daß gewisse Stoffgebiete, die mehr nach der Seite des Wissenschaftlichen liegen, gegenüber den volkstümlichen Wissensgebieten in den Hintergrund treten können. Das WERTVOLLE des Heimatbuches liegt nicht in dem Maße, in dem der Wissenschaft genützt wird, sondern in dem Maße, in dem der Heimat genützt wird dadurch, daß es zusammen mit andern heimatpfleglichen Maßnahmen dazu beiträgt, daß ihr Wesen ihren Bewohnern aufgeht und diese in dem Wesen ihrer Heimat bewußter leben lernen.

Das Heimatbuch kann sich darauf beschränken, das Wesentliche von der heimatlichen Erde und ihren Bewohnern an Menschen, Tieren und Pflanzen durch Wort und Bild dem Leser nahezubringen. Es ist also besonders zu berücksichtigen: Die Oberflächengestaltung, geologische Struktur, Besonderheiten des


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Tier- und Pflanzenlebens. Den größten Raum muß aber die Geschichte in ihren verschiedenen Formen als Vorgeschichte, politische, Kultur-, Kunst-, Siedlungs- und Wirtschaftsgeschichte und die materielle und geistige Volkskunde unter besonderer Berücksichtigung der Heimatsprache (Mundart, Namengebung) einnehmen.

Für diese verschiedenen Gebiete gilt es nun, Bearbeiter zu finden; denn es hat sich verständlicherweise für die Abfassung eines Heimatbuches die Methode der ARBEITSTEILUNG durchgesetzt. Der Herausgeber kann ein Einzelner sein, der die Herausgabe von sich aus unternimmt, er kann von einer Organisation beauftragt sein, wobei ihm die Auswahl seiner Mitarbeiter überlassen bleibt, er kann der Leiter einer engen Arbeitsgemeinschaft sein, der auf die Arbeit der Mitglieder dieser Arbeitsgemeinschaft angewiesen ist. Die besten Möglichkeiten bietet wohl der zweite Fall. Sehr oft sind es ja die Lehrerorganisationen, die, veranlaßt durch Arbeiten Einzelner oder durch die Ergebnisse einer heimatkundlichen Arbeitsgemeinschaft, die Herausgabe anregen und unterstützen. Dieser Fall soll angenommen werden. Die von der Organisation zum Herausgeber und Bearbeiter bestimmte Persönlichkeit hat nun die nicht leichte Aufgabe der Auswahl der Mitarbeiter. Es ist entschieden von Vorteil, wenn ihr dabei freie Hand gelassen wird, auch über den Nahmen der Arbeitsgemeinschaft der eigenen Organisation hinaus Mitarbeiter aus andern Kreisen zu gewinnen und so für den Zweck der Herausgabe des Buches die Arbeitsgemeinschaft locker zu gestalten und, wie ich glaube, ihr dadurch eine wertvollere Produktivität zu verschaffen. Denn auf manchen Gebieten - um nur eines zu nennen: Kunstgeschichte - wird es' schwer sein, sich in verhältnismäßig kürzerer Zeit so gründlich einzuarbeiten, daß ein Beitrag zustande kommt, der fachlicher Kritik standhält. Eine solche Stichhaltigkeit muß aber von allen Beiträgen verlangt werden. Deshalb ist es unbedingt notwendig, daß sich nicht nur Herausgeber, sondern auch Mitarbeiter bekannt machen mit den ihnen zur Verfügung stehenden Hilfsmitteln und mit den Stellen, die ihnen bei ihrer Arbeit von Nutzen sein können und sein wollen.

Das Heimatbuch soll aber nicht nur eine Zusammenstellung schon vorhandener Literatur sein, wenn auch gegen den Abdruck eines wesentlichen Aufsatzes, der in einer Zeitung mit schwachem Leserkreis oder sonst an versteckter Stelle gestanden hat, nichts eingewendet werden kann. Die Abfassung der Beiträge muß den wichtigen Nebenzweck verfolgen, durch Erarbeiten von Neuartigem dem FORTSCHRITT der Heimatforschung zu dienen. Das Material dazu liegt nicht immer bequem und leicht zur Hand. Wohl hütet mancher Lehrer als wirklich kostbaren Schatz die von ihm im Lauf langer Jahre zusammengetragene Leimatkunde seines Ortes, ein Stück seines Lebenswerkes, das aus Liebe, und Treue zur Heimat mit viel Mühe und Arbeit und oft nicht ohne erhebliche Geldkosten entstanden ist und das oft besonderen Wert erhält durch die Verwertung des "Volksmundes" als Quelle. Solche Heimatkunden sind oft eine ergiebige Quelle für volkskundliche, Wirtschafts- und siedlungsgeschichtliche Arbeiten. Auch das Material in den Pfarrarchiven, in den städtischen Büchereien, Heimatmuseen, in den Katasterämtern liegt noch nahe. Doch sollte man über dem Naheliegenden nicht die Stellen vergessen, die zwar entfernter liegen, die aber für alle Teile des Kreises am besten in der Lage und gern bereit sind, wertvolle Hinweise auf noch vorhandene Quellen und auf erfolgreiche Gestaltung der Arbeiten zu geben.

Besonders wichtig, aber auch besonders schwierig ist die Frage der BILD- und KARTENBEIGABEN. Bilder und Karten machen ein Buch wirksamer, wertvoller und begehrter. Diese Tatsache darf aber nicht dazu verführen, daß ALLES, was an irgendwie passenden Druckstöcken vorhanden ist, gesammelt und zum Abdruck gebracht wird, um so weniger, wenn die Abbildungen schon in weiteren Kreisen bekannt geworden sind durch mehrmalige frühere Veröffentlichungen in Zeitung, Heimatkalendern, Zeitschriften, Museumsführern und Werbeschriften und dazu vielleicht die Güte der Wiedergabe zu wünschen läßt. Ein Heimatbuch wird in manchen Kreisen, in denen wir seine Verbreitung ganz besonders wünschen, wohl öfter gelesen, aber noch öfter in die Hand genommen, um sich "die Bilder zu besehen". Von diesen geht dadurch eine Wirkung aus, die in gewisser Beziehung nachhaltiger ist als die des Gelesenen. Diese Tatsache muß bei der Beigabe der Abbildungen berücksichtigt und in  volkserzieherischer Weise

 

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ausgenutzt werden. Die Bilder sollen also nicht nur Illustrationen und bildmäßige Tatsachenmitteilungen sein, sondern sie sollen auch "schön" sein, d. h. durch ihren Form- und Stimmungsgehalt einen möglichst starken Gefühlswert schaffen, der in Richtung auf die Erziehung zum Schönen wirkt und dieses Schöne auch im Bild unserer oft einfachen Heimat empfinden lehrt. Das zu erreichen, ist nun aber wieder vornehmlich auch eine technische Angelegenheit einmal des Photographierens, zum andern der Herstellung der Druckstöcke und des eigentlichen Druckes (Auswahl des Papiers).

Die Ausnutzung der vorher angegebenen Möglichkeiten kann dem Herausgeber und den Mitarbeitern manche hemmende Schwierigkeit aus dem Weg räumen, dem Werke selber zum Vorteil gereichen und die Arbeit daran erleichtern und freudiger gestalten. Dadurch wird dann nicht nur der Hauptzweck des Heimatbuches erreicht; es erwachsen daraus dem ernsten Mitarbeiter vor allem auch persönliche innere Werte, und nicht zuletzt kann solche Arbeit zum Heimatkundler erziehen, der mit geweitetem Blick in seinem Kreise bewußten wirken können wird. Diese Ausführungen würden ihren Zweck am besten erfüllt haben, wenn sie an möglichst vielen Stellen unserer Heimat zur systematischen Erarbeitung von Heimatbüchern anregten.

 


 


 

 

 

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