Lauenburgische Heimat
[Alte Folge]

Zeitschrift des Heimatbundes Herzogtum Lauenburg e. V.
1934


Zur Familiengeschichte derer von Rautenkranz als Nachkommen Herzog Franz-Karls.

Von DR. HERMANN MAYER, Harburg,
der wappenkundliche Teil
von Staats-Archivdirektor STEPHAN, Kiel.
 

                                                                   

Wer mit einem unserer schönen Lauenburger Dampfer elbaufwärts von Bleckede nach Hitzacker fährt, überblickt dem westlichen Steilufer gegenüber auf der andern Seite ein an Wiesen und Wald reiches Flachland mit zahlreichen Dörfern, das ehemals lauenburgische Amt Neuhaus-Elbe. Bei der Anlegestelle Darchau, wo die Straße Uelzen - Neuhaus die Elbe quert, lädt gleich rechts am Deich die Gastwirtschaft von FRANZ RAUTENRKANZ im größten Hofe des Dorfes zur Rast ein. Wer hier verweilt und die interessante Familiengeschichte hört, erlebt ein Stück deutscher Geschichte.

Die Familie Rautenkranz in Darchau leitet sich in gerader männlicher Linie von den Herzögen von Sachsen-Lauenburg ab, die im Jahre 1689 ausstarben. Da deren Stammtafeln bekannt sind, geht die Ahnenreihe der Rautenkranz bis auf Albrecht den Bären und weiter fast bis ins 10. Jahrhundert zurück. Wahrscheinlich sind die Angehörigen der Familie Rautenkranz heute die einzigen Nachkommen der Askanier in männlicher Linie, außer den Fürsten von Anhalt und den Grafen von Waldersee.

Rautenkranz nennt man den heute noch in den sächsischen Wappen geführten grünen Schrägbalken mit aufgesetzten kleeblattähnlichen Zeichen. Er ist das Wappen der Herzöge von Sachsen seit etwa 1200. Als Herzog Heinrich der Löwe im Jahre 1180 seiner Herzogtümer und Reichslehen für verlustig erklärt wurde, verlieh Kaiser Friedrich I. die eine Hälfte des Herzogtums Sachsen dem Erzbischof von Köln, die andere kleinere dem Grafen Bernhard von Anhalt, einem Sohne Albrechts des Bären. Es geht die Sage, Herzog Bernhard habe den Kaiser, im Walde niederkniend, um ein Zeichen seiner Herzogswürde gebeten, und der Kaiser habe ihm darauf einen Laubkranz (Rautenkranz), den er der Sonne wegen auf dem Kopfe getragen, feierlich über den Schild gelegt. Im Jahre 1261 fand zwischen den Enkeln des Herzogs Bernhard erneut eine Teilung des Herzogtums in die beiden Linien Sachsen-Lauenburg und Sachsen-Wittenberg (Obersachsen) statt, die Kurwürde ging dann später an die Wittenberger Linie über, beide führten aber den Titel Herzöge von Sachsen, Engern und Westfalen und trugen beide den Rautenkranz im Wappen.

Die Herzöge von Sachsen-Lauenburg bauten sich im sumpfigen Elblande ein neues Haus, von dem heute noch in Neuhaus die Wälle und ein Gebäude stehen. Erwähnt ist das Schloß zum ersten Male im Jahre 1372. Als Residenz diente es besonders seit Franz II., der das Schloß um 1608 erneuern ließ und es seiner zweiten Gemahlin als Witwensitz verschrieb. Seine Söhne, deren mannigfache Lebensschicksale in dieser Zeitschrift schon früher geschildert wurden 1), waren
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1) U. v. Rundstedt, Die Söhne Franz II., Lauenburgische Heimat 4. Jahrg. 1928, Seite 5 ff.

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sehr häufig in Neuhaus. Einer von ihnen, Franz-Karl - geboren am 2. Mai 1594 - ist, wie dort schon erwähnt, der Stammvater der Familie Rautenkranz. Ihm wurde im Jahre 1644 Schloß und Amt Neuhaus zugestanden, das er aber häufig zu Reisen nach Wien und Hamburg verließ. Er starb in Neuhaus am 20. November 1660. Zur Regierung im Herzogtum Lauenburg ist er nie gekommen, doch führte er den Titel Herzog von Sachsen, Engern und Westfalen und den Rautenkranz im Wappen.

Über die Abstammung der Rautenkranz von Herzog Franz-Karl berichtet Zöllner Manecke in seiner "Geschichte des Amts Neuhaus an der Oberelbe" im Jahre 1822:

"Herzog Franz Carl hat zwar drei Gemahlinnen gehabt, alle drei vorhin Witwen, doch aber keine eheliche Leibeserben hinterlassen, wohl aber mit einer englischen Dame eine Tochter Elisabeth Charlotte von Rautenkranz erzeugt, die 1656 den Hofmarschall von Wedell geheiratet hat, und mit einem Waschmädchen vier Söhne, wovon drei in Kriegsdiensten verstorben sind, der älteste aber, Franz Carl von Rautenkranz, Besitzer eines Doppelhofes zu Darchau, auch Zöllner, Deichschauer und Schulze daselbst geworden ist. Von seiner Deszendenz, die schon in erster Generation das "von" abgelegt hat, ist der älteste noch Hofbesitzer nach Meierrecht und verwaltet die obgedachten kleinen Bedienungen."

Die Überlieferung der Familie und der in ihrem Besitz befindliche, gleich näher zu beschreibende Siegelring stimmen mit diesen Angaben überein.

Die drei jüngeren Brüder des Schulzen sind:

Wilhelm Albrecht von Rautenkranz; ging in Kriegsdienste und starb in Hamburg; ist 1660 in Darchau Pate.

Rudolph von Rautenkranz; starb in kurbrandenburgischen Kriegsdiensten.

Franz von Rautenkranz; starb in Kriegsdiensten.

Alle drei sollen keine Nachkommen hinterlassen haben.

Der in schwedischen Heereslisten vorkommende Oberst von Rautenkranz ist wohl der Sohn des Schulzen, Franz Erdman von Rautenkranz, getauft am 6. März 1662, dessen in Wismar ausgefertigter Militärpaß vom Jahre 1717 im Kieler Staatsarchiv sich befindet 2). Er starb als Einwohner zu Darchau am 24. September 1739.

Die seit dem Jahre 1640 vorhandenen Kirchenbücher der Gemeinde Stapel, zu der Darchau gehört, bestätigen die besonderen Beziehungen zwischen denen von Rautenkranz in Darchau und der herzoglichen Familie. Es finden sich Eintragungen, daß der Zöllner Franz Carl von Rautenkranz im Jahre 1654 getraut wurde und 1707 starb. Er hatte neun Kinder, deren Taufpaten die Herzöge selbst oder höhere Staatsdiener waren. Beim ersten Kind Christina Elisabeth, das 1655 getauft wurde, sind Taufpaten die Gemahlin des Herzogs Franz-Carl, namens Christina Elisabeth, und die Jungfer Elisabeth von Rautenkranz, deren Trauzeugnis mit Richard von Wedell sich im

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2) Staatsarchiv Kiel, Abt. 210 (D I 1), Nr. 1283.


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Kirchenbuch als Nr. 6 des Jahres 1656 findet. Drei der Söhne tragen Namen der Herzöge von Lauenburg, die bei ihnen Pate standen: Carl, Franz Erdman und Julius Franz; bei einem vierten, Jacob Lehnhardt, waren drei Offiziere Paten; der fünfte, Wilhelm Johann von Rautenkranz, wurde Weißbäcker, später Ladenhalter und Schulze zu Stapel. Seine Paten waren Wilhelm Albrecht von Rautenkranz und Johann Henning, Goldschmied. Der erstgenannte muß der zweite der angeblich in Kriegsdiensten gestorbenen Brüder des Schulzen Franz Carl sein, während der Goldschmied Henning, der am 12. März 1682 zu Neuhaus starb, den Siegelring hergestellt haben mag. Christina Elisabeth heiratete 1681 den Schreiber zu Neuhaus, Johann Sterfinger, hochfürstlich niedersächsischen Lakai, und nach dessen Tode den Schulmeister in Darchau.

In der dritten Generation werden von vier erwachsenen Söhnen zwei Soldaten, nämlich Korporal und Wachtmeister, einer wird Amtsschreiber zu Oldenstadt bei Uelzen, während der Älteste Zöllner und Schulze zu Darchau bleibt. Dieser läßt bei der Taufe seines ersten Sohnes im Jahre 1720 noch den vollen Namen von Rautenkranz im Kirchenbuch eintragen, späterhin aber nur noch Rautenkranz. Man sieht daraus, daß er das "von" nicht abgelegt hat, wie Manecke schon für die erste Generation behauptet, sondern seinem ältesten Sohne, also seinen Darchauer Nachfolgern, das "von" erhalten will. Dieser älteste Sohn stirbt aber schon mit 16 Jahren, so daß der zweite Sohn, der nur noch auf den Namen Rautenkranz getauft ist, sein Nachfolger wird. Durch diesen unglücklichen Zufall ist also das Adelsprädikat gegen den Willen der Schulzen Rautenkranz verloren gegangen und ist seither von der Darchauer Linie, die dazu am ersten berechtigt wäre, nicht wieder aufgenommen worden.

In der vierten Generation bleibt Gustav Heinrich als Schulze in Darchau, Johann Christoph wird Klosterjäger in Lüneburg, Franz Carl reitender Förster in Brunstorf, später in Salem, Johann Andreas reitender Förster in Lüchow und Georg Ludolph Herzogl. Mecklenburg-Schwerinischer Stallmeister zu Redefin. Der Vorname Franz-Carl findet sich fast in jeder Generation und ist heute noch in mehreren Linien gebräuchlich.

Die Kirchenbücher geben weiterhin den vollständigen Stammbaum der Familie Rautenkranz als Zöllner und Hofbesitzer zu Darchau bis auf den heutigen Tag. Der älteste Sohn wirkt als adjungierter Zöllner häufig schon neben dem Vater. Auch findet sich die Bezeichnung Truhevogt und bei einer Begräbniseintragung 1799 Königl. Kurfürstl. Zöllner und Frei-Schulze zu Darchau. Der Zöllner war nämlich schon von früher her von Abgaben frei und versah dafür seinen Zolldienst ohne Gegenlohn. Daß seine Aufgabe ursprünglich sehr wichtig war, geht unter anderm aus den alten Geld- und Kornregistern des Amtes Neuhaus 3) hervor. So betrug seine Einnahme aus dem Land- und Fährzoll im Jahre 1689/90: "62 Reichsthaler, 19 Schilling; 9 Thaler weniger als Vorher, weill vöriges Jahr mehr gekaufter

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3) Im Preußischen Staatsarchiv Hannover.


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Ochsen übergegangen"; für Holzzoll 65 Thaler, 16 Schilling. Der Holzzoll betraf alles zwischen Wehningen und Gülstorf zu Wasser gebrachte Holz.

Glücklicherweise ist die Bestallungsurkunde in beglaubigter Abschrift noch erhalten 4). Sie ist datiert Geschehen Newhaus den 30. July a. d. 1654 und unterzeichnet Frantz Carl, Herzog zu Sachsen. Es heißt darin: "Von Gottes Gnaden FRANZ CARL Herzog zu Sachsen Engern und Westphalen, demnach Wir gegenwärtigen und Inhabern dieses FRANTZ CARLN von Rautenkranz für einen Zöllner und Oberdeichschauer zu Darchaw bestellt und angenommen solchergestalt daß er mit wirklicher Leistung eines körperlichen Eides Uns getreu, hold und Aufwärtig seye, ... Da entgegen und für solche seine Treue und auswärtige Dienste soll er jährlich die zum Zollhause vor Alters gelegene Hufe Landes nebst den Schulzengerichte und dazugehörigen Gerstenkampes nebst den Accidentien von Krebswagen und sonsten wie es die Zöllner vorhero allemal gehabt zu genießen, gleichfalls wegen der Oberdeichschauerei anstatt der Besoldung von 8 Rthlr. auch eine wüste Hufe Landes deren annoch etliche in Darchau vorhanden . . zu gebrauchen und wann die Deichschauung wiederum in Ordnung gebracht was an Strafen davon fallen müchte zu empfangen haben, alles nächdem es vor Alters ist üblich und gebräuchlich gewesen."

Dieser Urkunde ist wirklich nicht anzusehen, ob sie zwischen Vater und Sohn oder zwischen Fremden abgeschlossen wurde. Leider fehlen Dokumente, in denen die Abstammung der Rautenkranz von den Herzögen urkundlich belegt würde, eine Tatsache, die aber nicht Wunder nimmt und in keiner Weise gegen die zahlreichen Indizien spricht, die für die fürstliche Abstammung zeugen. Allerdings befindet sich im Besitz eines aus der Darchauer Linie stammenden Herrn von Rautenkranz in Hamburg-Rahlstedt ein "Geschlechts-Register derer von Rautenkranz in Begründung auf dasjenige, was sich von solchem Gesichtspunkte in der Amts-Registratur zu Neuhaus und den Kirchenbüchern zu Neuhaus und Stapel findet, minder nicht den anliegenden beglaubigten Nachrichten". Dieser Stammbaum führte im Jahre 1839 durch ein "Gesuch des Packhofsgehülfen Georg Wilhelm Rautenkranz zu Harburg um Erneuerung des angeblichen Adels" zwar nicht zur Anerkennung des Adels, wohl aber zur Führung des vollen Namens "von Rautenkranz" in dieser Linie bis auf den heutigen Tag. Es heißt darin: "Herzog Franz Carl zu Sachsen-Lauenburg, gestorben zu Neuhaus 1660, hat mit einem Wäsche-Mägdelein und einer englischen Dame, deren Namen unbekannt verblieben, morganat gezeuget: I. FRANZ CARL . ., WILHELM . ., RUDOLPH . ., FRANZ .., II. ELISABETH CHARLOTTE ..."

Interessant ist an der Zollbelehnung noch zweierlei. Einmal wurden im gleichen Jahre 1653 die Zölle im Lande Lauenburg mit kaiserlicher und kurfürstlicher Genehmigung verdoppelt 5), und zweitens erfolgte die Bestallung augenscheinlich gerade vor Ablauf des neun-

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4) Staatsarchiv Kiel, D I 1, Nr. 1283.
5) Staatsarchiv Kiel, Urk. Hzgt. Lauenburg Nr. 997.
 

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jährigen Vertrages von 1644, in welchem Franz Carl Schloß und Amt Neuhaus zugesprochen waren 6).

Die im Staatsarchiv Kiel vorhandenen Akten, in denen sich die vorstehende Bestallung als Abschrift erhalten hat, beziehen sich auf Standeserhöhungen aus den Jahren 1790-1817. Aus ihnen ergibt sich, daß 1802 die Familie Rautenkranz um ein Attest gebeten hatte, daß sich selbige in vorigen Zeiten des Prädikats "von" bedient habe. Die Regierung in Ratzeburg erteilt am 4. Dezember 1802 dieses Attest nach beurkundeter Darlegung der adeligen Abstammung des weiland herzoglich mecklenburgischen Herrn Stallmeisters Georg Ludolph Rautenkranz zu Redefin und dessen nachgelassenem einzigen Sohn Otto August. Der damals 16 jährige Otto August war nämlich als Fahnenjuncker (Estandartenjuncker) beim Kgl. Preußischen Dragoner­Regiment von Manstein in Osterode in Ostpreußen angenommen unter der Bedingung, daß er seine adelige Abstammung ´nachweise. Der Nachweis der Abstammung von jenem Zöllner Franz Carl von Rautenkranz genügte der Regierung als Beweis adeliger Abstammung.

Der unzweideutigste Beweis für die Abstammung der Familie von dem alten Herzogsgeschlecht aber ergibt sich aus den heraldischen Beziehungen des Familienwappens der Rautenkranz zu dem von dem Herzog Franz Carl geführten Wappen. In der Familie hat sich nämlich ein schwerer goldener Siegelring des Franz Carl von Rautenkranz mit dessen Initialen F. C. V. R. erhalten (siehe Abbildung), dessen




Wappen aus dem Siegelring des Franz Carl von Rautenkranz

Wappen als gemindertes Wappen seines herzoglichen Vaters anzusprechen ist. Das von diesem geführte Wappen hat sich an zahlreichen Urkunden im Staatsarchiv Kiel erhalten, es zeigt einen viergeteilten Schild, der mit dem diagonal über das erste und vierte Feld verlaufenden sächsischen Rautenkranz belegt ist, in Feld 1 und 4 erscheinen darunter die Balken des Hauses Ballenstedt, Feld 2 zeigt den rechts gewendeten Adler (hier für Westfalen), Feld 3 die drei 2:1 angeordneten ausgebrochenen Seeblätter für Engern. Die Helmzier des Wappens besteht aus drei Helmen, auf dem rechten befindet sich eine Mütze, die mit zwei zepterartigen oben gekrönten Stäben mit

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6) Staatsarchiv Kiel, Abt. 210 (D I 1), Nr. 137.
 

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Federbusch besteckt ist. Der mittlere gekrönte Helm zeigt als Zier einen säulenartigen, vom Rautenkranz umschlungenen Hut, oben mit Pfauenfedern besteckt, der linke ebenfalls gekrönte Helm den flugbereiten Adler. Genau die gleiche Darstellung zeigen die Siegel der Brüder des Herzogs Franz Carl, Julius Heinrich und Franz Erdmann, natürlich mit veränderten Umschriften.

Vergleicht man mit diesem Wappen die Darstellung auf dem Rautenkranzenschen Familienring, so finden wir bei letzterem die gleiche Vierteilung des Schildes, auch hier sind Feld 1 und 4 mit dem diagonal verlaufenden Rautenkranz belegt. Während dieser jedoch bei dem herzoglichen Wappen in jedem Felde mit drei kleeblattartigen Ornamenten versehen ist, zeigt das Rautenkranzsche Wappen nur zwei in jedem Felde, bei diesem fehlen außerdem in Feld 1 und 4 die Querbalken. In Feld 2 und 3 wiederholen sich bei dem Rautenkranzschen Wappen zwei bei der Kleinheit des Siegels schwer deutbare, gleichartige Darstellungen.

Um was es sich handelt, wird sofort klar, wenn wir das herzogliche Wappen heranziehen. Hier finden wir in Feld 3 die eigenartig gestalteten ausgebrochenen Seeblätter von Engern, die auch als Schröterhörner bezeichnet werden. Es kann keinem Zweifel unterliegen, daß der ringartige Gegenstand in Feld 2 und 3 des Rautenkranzschen Wappens ein hier mit den Zangen nach unten gekehrtes derartiges Schröterhorn oder Seeblatt darstellen soll, welches von einem mit der Spitze nach oben gerichteten Schwerte durchspießt ist. Daß wir es tatsächlich mit einem Schwert und nicht etwa mit einem Pfeil zu tun haben, ergibt sich mit Sicherheit aus der Helmzier, die, heraldischem Brauche entsprechend, Elemente des Wappens wiederholt, diese aber zeigt einen Helm mit zwei Büffelhörnern, zwischen denen sich ein ein Schwert schwingender Arm befindet. Wir haben in dem Schwert wohl nur eine Anspielung auf die kriegerische Tätigkeit des Herzogs Franz Carl zu sehen. Der in Deutschland überhaupt seltene Bastardbalken fehlt den, Rautenkranzschen Wappen, dagegen dürfen wir in der Minderung des Wappens - Fehlen der Ballenstedter Balken und des Adlers, zwei Kleeblattornamente am Rautenkranz statt drei, ein Seeblatt statt drei - Hinweise auf die mindere Geburt sehen.

Sonst kommt eine adelige Familie von Rautenkranz in der Literatur vor als Carl Sigismund von Rautenkranz, sächsisch-gothaischer Generalleutnant und Kommandant in Altenburg, geboren 1675 in Meißen, von dem ein Hüftbild von Bernigeroth existiert, und seine Gattin, Magdalene von Rautenkranz, in Trauergedichten von Alberti, Altenburg 1752. Er führt auf dem Bild den Rautenkranz im Wappen, wird aber auch als Herr auf Rautenberg bezeichnet, gehört also wohl in die Familie Rautenberg. Denkbar ist, daß alle Familien Rautenkranz sich von den Herzögen von Sachsen ableiten, tritt doch der Name recht selten und an Orten auf, die weitere Nachforschungen gestatten, nachdem die Quelle des Namens aufgedeckt ist.

Den ganzen Stammbaum der Familie Rautenkranz hier zu erläutern, würde zu weit führen. Es sei nur erwähnt, daß der
 

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heutige Hofbesitzer in Darchau die neunte Generation der Familie Rautenkranz ist und daß der Doppelhof nebst den zugehörigen Ämtern sich immer in gerader Linie auf den ältesten lebenden Sohn vererbt hat. Von den mannigfachen Schicksalen und charaktervollen Persönlichkeiten der Doppelhufner Rautenkranz, die sich ihrer hohen Abstammung immer bewußt waren, gehen im Volksmunde noch verschiedene Erzählungen um. So soll in der Franzosenzeit Georg Johann Christoph Rautenkranz, der nach Ripdorf bei Uelzen geheiratet hatte, vom Uelzener Rathaus auf einem Schimmel nach Darchau entflohen sein und trotz ihm nachgesandter Kugeln die Elbe durchschwommen haben.

Ein furchtbares Unglück hat im Jahre 1888 Darchau betroffen. Ein Deichbruch der vereisten Elbe, der gerade an der Stelle des Rautenkranzschen Hauses begann, zerstörte den Ort völlig und vernichtete viele Menschenleben. Der Altenteiler Otto Christian Gottlieb Ludwig Rautenkranz wurde nach dem Abzug des Hochwassers am 4. April 1888 auf seinem Hofe tot aufgefunden. Das mehrstöckige massive Haus der Rautenkranz, das stattlicher war als das heutige, war ein Schutthaufen, in dessem Schutze das Altenteilerhaus stehen blieb. In diesem waren über dreißig Menschen versammelt, die dann mit Mühe gerettet werden konnten. Dabei war der Deich beim Rautenkranzschen Hause durch natürliche Dünen verstärkt, so daß zu verstehen ist, daß noch eine Viertelstunde vor dem Eintritt des Unglücks der junge Rautenkranz gesagt haben soll: "Kommt in min Hus, dat steit fest und ist wie up Felsen baut". Nach dem entsetzlichen Unglück "trübte sich sein Verstand mehr und mehr, wodurch die Familienüberlieferung erschwert wurde 7).

Das Dorf Darchau wurde mit Staatshilfe wieder aufgebaut. Vieles war verloren, doch der alte Siegelring fand sich in einem Geheimfach der im übrigen bestohlenen Schmuck-Kassette wieder, die ein gutes Stück vom Eis und Wasser weggeführt war. Schon einmal war der Ring verloren gegangen, wie man sagt, auf der Jagd. Doch fand nach Jahren ein fremder Knecht den Ring bei Bestellung des Ackers wieder und konnte nach empfangenem Finderlohn den Ring dem als rechtmäßigen Besitzer vom Landrat anerkannten Herrn Rautenkranz übergeben. So ist dieses Familienerbstück heute noch als Zeuge der bewegten Vergangenheit und der hohen Abstammung der Familie Rautenkranz erhalten und wird, zum Inventar des Erbhofes gehörend, sich weiteren Generationen vererben können.

All die Familien Rautenkranz, Rautenkrantz und von Rautenkranz aber in Hamburg, Hannover, Celle, Lüchow und in der weiten Welt werden immer wieder durch ihren Namen erinnert an die große Vergangenheit ihrer Ahnen und besuchen gern einmal ihren alten Stammhof in Darchau 8).

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7) In einer Ballade von Korl Puls: "Dei Elwutbruch bie Darchau 1888" in "Licht un Schatten" Seite 93, Verlag Otto, Lübtheen i. M., wird die tragische Zerstörung des Erbhofes eindringlich dargestellt.
8) Eine ausführliche Stammtafel der Familie Rautenkranz, die 195 Namen enthält, reicht der Verfasser der Zentralstelle für niedersächsische Familienforschung, Hamburg, Holstenwall, ein.
 

 

 

 

 

 

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