Lauenburgische Heimat
[Alte Folge]

Zeitschrift des Heimatbundes Herzogtum Lauenburg e. V.
1936


Neuer Geist im Kloster Reinfeld.
 

Im Reichsarchiv in Kopenhagen fand sich unter Briefen des Königlichen Hauses folgender von Herzog Magnus aus Schloß Ratzeburg an den König Christian von Dänemark am 23. Juli 1540 geschriebener Brief, die einzige Urkunde, die über den frühen Einzug neuen informatorischen Geistes im Kloster Reinfeld berichtet:

An uns ist gelangt, wie Er [Ehren] Heinrich Remstedt / welcher etwan im Kloster zum Reinefelde Prior und Organist gewest, auch E. Kö. W. [Euer Königl. Würden] wohl bekannt sein soll /vor 11 Jahren mit Wissen und Willen des ganzen Kapitels aus dem Kloster gangen, aber zu seinem Enthalt [Unterhalt], wie sie sunst an vielen Orten abgelegt, gar nicht bekommen, und hab sich mitlerzeit mehr denn zuvorm Gottes Wort zu verkündigen befleißet, davon er auch sein  Leibsnahrung gehabt, alleine dies vergangenen Jahres, als die Elbe [vermutlich bei Marschacht] ausgebrochen, sei ihme sein Korn und anders vertränket und  zunichte worden, daß er große Not leiden und dazu in Leibsfahre stehen müssen, also daß es ihm der Orte länger zu bleiben ungelegen sein wolle; und hierauf  fürgeschlagen, wie die Kerspelkirche zu Serpen [Zarpen]  unter berührtem Kloster zum Reinfelde von seinem alten Monche regiert werde, der christlichen und  E. K. W. Ordnunge zu entgegen, papistischer Heuchelei brauchende, dahin er sich zu begeben wohl geneigt, mit Erbietung, seinen höchsten Fleiß anzuwenden, daß  er vermittelst göttlicher Gnade in eine bessere Ordnung gebracht werden sollte, dieweil wir dann daneben bericht, daß die Vorsehung berührter Kirchen E. K. W. [gebührt], die Sie auch jederzeit ihres Gefallens wohl zu bestellen haben, also
daß sich die Monche zum Reinefelde mit ihrer Gewohnheit, als sie vielleicht anziehen möchten, daß solche Kirchen von einem aus ihrem Kloster versorget müßte werden, nicht zu behelfen, bevoraus auch, nachdem sie ohnedas in ihrem Kloster genugsam Enthalts, und gedachter Remstedt sich aus angezeigter Ursach / als etwan ihre Mitbrüder, bemelts Klostergüter billig zu erfreuen, er uns auch, beide an der Lehre und am Leben der Geschicklichkeit berühmet, daß er den Untertanen wohl nützlich und dienstlich sein möchte, so bitten wir ganz freundlich, E. K. W. wollen gedachten Remstedt dohin gegen Serpen vor einen Pastoren verordnen, also daß er auf nächstkünftigen Michaelis doselbst anziehen möge, ihne auch dabei gnädigst handhaben, und beschützen, oder aber wue es ji(?)uff  dies Mal füglich nit geschehen könnte, daß E. K. W. ihme sonst uff die Nahheit an einen andern bequemen Ort vorstadten wollten, da er seinen notdürftigen

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Enthalt bekommen möge, uns auch desselben ein zuverlässig Antwort, der sich bemelter Remstedt zu getrösten hab, unverzüglich zu schreiben. Ratzeburg, Freitags nach Mar. Magd. 1540.

Ein einziger, langer Satz, der den Kampf der Geister abspiegelt! Hier die neue Zeit mit ihrem fanatischen Haß gegen klösterlich-mönchisches, papistisches, heuchlerisches Dunkelmännertum, mit ihren lutherischen Vertretern auf dem Königsthron in Kopenhagen und dem Herzogsstuhl in Ratzeburg, vor allem aber  dem tapferen Glaubenskämpfer Heinrich Remstedt, der auf seine einträgliche Pfründe verzichtete, wo es galt, gegen das ganze Kloster seinen Lutherglauben zu behaupten; dort das konservative, am Alten hängende, auf den Pfründen sitzende Mönchtum, das seine alten Rechte und den römischen Wahnglauben gegen den König und lutherische Geistlichkeit, gegen das Volk in Stadt und Land zäh verteidigte. Der Kampf der Geister endete nicht lange danach mit dem  entscheidenden Siege des Lutherglaubens und der Staatsräson. Heute erinnern an die einstige Klosterherrlichkeit des Mittelalters nur noch der Rest der sonst zerfallenen Klostermauer, etliche Grabsteine der Aebte und das beschädigte Holzbildwerk "Maria mit dem Leichnam des Herrn".

Fischer-Hübner.

 


 


 

 

 

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