Lauenburgische Heimat
[Alte Folge]

Zeitschrift des Heimatbundes Herzogtum Lauenburg e. V.
1927


[Miszelle]

Aus alter und neuer Zeit

Die Pfahlreste der langen Brücke in Ratzeburg,

Die Pfahlreste der langen Brücke in Ratzeburg, die bisher an der Nordseite des Königsdammes noch zu sehen waren, sind im September d. Js. entfernt worden. Damit sind die letzten Spuren eines Bauwerkes verschwunden, das zur Zeit seiner Errichtung die Welt weit und breit in Erstaunen setzte. Bis 1588 hatte der Wagenverkehr nach Ratzeburg nur über den Lüneburger Damm erfolgen können, was besonders für die Ackerbürger, die ihre Äcker auf dem östlich gelegenen Stadtfelde besaßen, unglaubliche Beschwernis mit sich brachte. Im Jahre 1588 regte, wie wir in Hellwigs Chronik lesen, der Bürgermeister Andreas Karstede den Bau einer neuen Brücke an. Der unternehmungslustige Herzog Franz II. stimmte sofort zu und richtete an die auswärtigen Fürsten und Städte die Bitte, ihm bei dem großen Werk zu helfen. Er selbst stellte 50 Schneidebäume und 100 eichene Pfähle zur Verfügung. So entstand damals die lange Brücke, die so breit war, daß sich zwei Lastwagen darauf ausweichen konnten - für die damalige Zeit ein Bauwerk von wirklicher Bedeutung. Die Unterhaltung der Holzbrücke kostete natürlich viel Geld. Deshalb wurde regelmäßig ein Brückengeld erhoben, selbst von den Schiffen, die unter der Brücke durchfuhren. Zwei kleinere Zugbrücken an den beiden Enden konnten den Verkehr jederzeit sperren. Trotz aller Aufwendungen verfiel die Brücke immer wieder, besonders als die Franzosen sie 1813 stark beschädigt

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hatten. Als nun gar im Jahre 1840 die große Heerstraße Schwarzenbek-Mölln-Ratzeburg-Groß-Thurow angelegt und mitten durch die Stadt Ratzeburg geführt wurde, da stellte es sich heraus, daß die Brücke dem erhöhten Verkehr nicht gewachsen war, und es wurde beschlossen, statt ihrer einen Damm zu erbauen. Dies geschah denn auch, und im Jahre 1847 wurde die alte Brücke abgerissen, und die Bohlen und Balken wurden öffentlich versteigert. Jetzt sind nun auch die letzten Spuren des alten Bauwerks verschwunden, und nur der Name Langenbrückerdamm erinnert noch an den stolzen Bau, den ein weitblickender Herzog vor 350 Jahren hat ausführen lassen.
 

 

 

 

 

 

 

 

 



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