Lauenburgische Heimat
[Alte Folge]

Zeitschrift des Heimatbundes Herzogtum Lauenburg e. V.
1933


Unbekannte Bildnisse Lauenburgischer Herzöge.

(Siegfried Schellbach) 

In der Kirche zu Groß-Grönau sollten nach Haupt-Weyßer "auf dem Boden neun gute Ren.-Hermen, bemalte Gestühltür mit Engelkopf in breiter Raute auf der Fläche" liegen. Es fanden sich die Tür und 10 Bildnishermen, die als Leihgabe der Kirchgemeinde in unser Landesmuseum überführt werden konnten. Groß-Grönau erwarb - unter Zustimmung des Herzogs - Heinrich Ranzau 1585 von den Erben des Dr. Falke, machte es zu einem Flecken, nahm Gewerbetreibende auf und gewährte Wiedertäufern und Calvinisten die Niederlassung. Nuch [sic!] ließ er ein Spital oder Armenhaus mit 15 Wohnungen errichten, das aber schon im 17. Jahrhundert wieder eingegangen ist. Sein Sohn überließ im Tausch 1624 den Flecken Herzog August, der 1619 als ältester Sohn und Nachfolger Franz II. die Regierung angetreten hatte. Vermutlich noch im Jahre der Besitzergreifung ließ der Herzog jene Prieche einbauen, von der sich in der Kirche noch 10 Bildnishermen und eine Gestühltür vorfanden. Ähnliche Bauwerke der Zeit legen die Vermutung nahe, daß am oberen Stockwerk der Prieche 6, am unteren 4 und die Tür angebracht waren. Für diese Anordnung

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spricht auch der Umstand, daß 4 Hermen um einen Zentimeter kürzer, als die 6 anderen sind. Diese 6 Bildnishermen stellen dar: ein altgermanisches, ein slavisches und ein sächsisches Ehepaar. Die 4 übrigen Hermen sind offensichtlich Porträtdarstellungen, m. E. Herzog Franz II. (* 1547, † 1619) und Margarethe v. Pommern († 1581) und deren Sohn, Herzog August (* 1577, † 1656), und dessen Gemahlin, Elisabeth Sophie * 1599, oo 1620, † 1627).



 

Das Porträt Franz II. auf dem Altarbilde zu Büchen, die 1599 entstandene Zeichnung zu dem prachtvollen Grabdenkmal des Herzogs, die noch erhaltene Statue in der Kirche zu Lauenburg und die Bildnisse auf den Münzen *) lassen überzeugend die Ähnlichkeit des Hermenkopfes mit der Mühlsteinkrause mit Franz II. erkennen. Von der Herzogin Margarethe ist uns kein Bild überliefert. Die Bildnisse auf den Münzen *) von 1624 gleichen völlig der Herme mit dem Knebelbart. Auch das Alter der Dargestellten - der Herzog war 47, die Herzogin 25 Jahre alt - erscheint zutreffend. Meine Annahme, daß die Hermen 1624 entstanden sind, gewinnt an Wahrscheinlichkeit, wenn man erwägt, daß August in dem neu erworbenen Flecken gern residierte und damals über erhebliche Mittel verfügt haben muß. Ließ er doch 1624 eine ungewöhnlich umfangreiche Talerprägung vornehmen. Der Tod des Stammhalters, der 1624 - ein Jahr alt - starb, mag mit beigetragen haben, den Herzog zur Er-

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*) Siehe "Lauenburgische Heimat" 8. Jahrg Heft 1, Münztafel.


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richtung des reichen Gestühls in der Kirche zu Grönau zu veranlassen. Daß der Bildhauer Gebhard Georg Titge die Gestaltung der Grönauer Kirche beeinflußt hat, ist nicht anzunehmen, obgleich er möglicherweise durch die Herzogin Elisabeth Sophie, die Tochter des Gottorfer. d. i. Husumer Herzogs Johann Adolf an den Lauenburgischen Hof gezogen worden ist. Titges großartiges Denkmal für Nic. Peträus in der Husumer Kirche (1625), der Hauptaltar im Dom zu Ratzeburg (1629), das Bülow-Epitaph (1641) und das Epitaph für Herzog August (1649) sind künstlerisch so bemerkenswert, daß eine Einwirkung auf die ziemlich handwerksmäßige Ausführung der Hermen ausgeschlossen scheint. Immerhin zeigen die Hermen ein gutes, handwerkliches Können und sind uns besonders wertvoll durch die bildliche Darstellung der beiden herzoglichen Ehepaare.

Aufgabe der Wissenschaft wird es sein zu bestätigen - oder zu widerlegen, was der Künstler fand.

SIEGFRIED SCHELLBACH.


 

 
 

 

 

 

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